VELOSZENE SCHWEIZ 10/98

Neue Runde

Ein neuer Schweizer Rekord im 1-km-Zeitfahren und verschiedene persönliche Bestleistungen: Nach jahrelangen Tiefflügen befindet sich der Schweizer Bahnsport wieder im leichten Aufwind - trotz dem darauffolgenden Dämpfer an der Bahn-WM.

Als konstant kann die jüngste Vergangenheit des Schweizer Bahnradsportes nicht gerade bezeichnet werden. Kaum wurde ein altes Jahr ausgeläutet, musste der (erfolglose) Trainer von dannen ziehen. Ersetzt wurde er jeweils durch einen neuen Verantwortlichen. 1996 betraf es den Deutschen Horst Schmidt, im vergangenen Jahr musste Ex-Olympiasieger Robert Dill-Bundi nach Meinungsverschiedenheiten mit Kurt Bürgi, dem technischen Leiter des SRB, kürzertreten.

Und jedesmal wurde die Gelegenheit benützt, das Budget der Bahnfahrer zurechtzustutzen. Inzwischen sind rund 50 000 Franken pro Saison übriggeblieben - wenig Geld für diese kostenintensive Disziplin. Denn wer eine Weltmeisterschaft bestreiten will, der muss sich erst an den Weltcuprennen die Qualifikation holen. Leider sind diese über die ganze Welt verstreut, was die Reisespesen in die Höhe steigen lässt. In diesem Jahr fanden die vier zur Serie zählenden Rennen in Kolumbien, Kanada, Deutschland und Frankreich statt.

Die Folge davon ist, dass nur die beiden europäischen Weltcuprennen besucht worden sind. Entsprechend klein fiel vor wenigen Wochen die schweizerische Delegation an der Bahn-Weltmeisterschaft in Bordeaux mit zwei Fahrern (1997: 5) aus. So wurde eben die Schweizer Meisterschaft unter der Leitung von Urs Freuler zum eigentlichen Saisonhöhepunkt. Mitte August kam ein Rekordfeld von gegen hundert Bahnfahrerinnen und -fahrern auf der offenen Rennbahn in Zürich-Oerlikon zusammen - und zeigten teilweise erstaunliche Leistungen.

Das herausragendste Resultat war der Schweizer Rekord über 1 km des St. Galler Rheintalers Patrick Merk (1:04,225), der damit seine persönliche Bestleistung innerhalb eines Jahres um über 2,5 Sekunden gesenkt hat. Merk verbesserte damit die Zeit des bisherigen Rekordhalters Rocco Travella aus dem Jahre 1989 um 0,552 Sekunden. "Eine sensationelle Zeit", urteilt der neue Nationaltrainer für Kurzbahndistanzen, Roy Salveter, und meint, dass Merk an der Weltmeisterschaft unter die ersten fünf hätte kommen können. Bloss verhinderten die speziellen Qualifikationsregeln einen Start. Denn WM-Plätze werden nur an Weltcuprennen verteilt – und nur wer an der Weltmeisterschaft teilnehmen kann, wird mit einem olympischen Startplatz in Sydney 2000 belohnt. Aber zumindest hofft Salveter, dass dank diesem Rekord verbandsintern dem Bahnsport endlich wieder ein grösseres Interesse zuteil wird.

Die Meisterschaftswoche auf der Oerliker Rennbahn hat also gezeigt, dass Lichtblicke am dunklen Bahnhimmel zu erkennen sind. "Wir befinden uns inmitten der Machtablösung an der Spitze", sagt Salveter optimistisch. Und schaut man einige Jahrgänge zurück, sind weitere Talente auffindbar. Sie werden ins Projekt "Junioren-Bahn- WM Athen 1999" eingebunden. Höchste Zeit, denn an der diesjährigen Junioren-WM in Havanna (Kuba) wurde Rennbahn-Speaker und tour-Inseratemann Charles Schlott gefragt, wo die Jungs aus der Schweiz geblieben seien. Bis zum nächsten Jahr, so denken Bürgi und seine Trainer, sollte dieses Manko wieder aufgehoben sein. Ein anderer Gedanke scheint aber zu scheitern. Zusätzlich sollten auch rund ein Dutzend Strassenfahrer ins Projekt integriert werden. Offenbar scheinen diese indes kein grosses Interesse am Bahnsport zu haben. Gerade ein einziger Athlet aus dieser Gruppe nahm an der Bahn-SM teil. Und so spekuliert Salveter darauf, dass ein Teil der zur Verfügung gestellten Finanzen vom Budgetposten "Strasse" zur "Bahn" übertragen werden.

Pascal Meisser

Bahn-Schweizermeisterschaft

Roger Furrer wurde im Kilometerzeitfahren zwar enttrohnt, im Sprint ist er aber immer noch der schnellste Eidgenosse. Bereits zum fünften Mal in Serie gewann er über 200 m Gold. Dieselbe Erfolgsserie kann Evelyne Müller vorweisen. Auch sie gewann zum fünften Mal das Frauen-Omnium - die Entscheidung fiel aber erst im abschliessenden Punktefahren, der Paradedisziplin Müllers. Spannend war hingegen das Punktefahren: erst 12 Runden vor Schluss konnte Favorit Kurt Betschart den bis dahin führenden Marvulli an der Spitze ablösen. Den Sieg sicherte sich der Urner aber erst im Schlusssprint. Wieviel ein solcher Titel wert ist, zeigte sich aber zwei Wochen später an der Bahn-WM in Bordeaux: sechs Umgänge vor Schluss wurde Betschart reglementsgemäss mit zwei Verlustrunden aus dem Rennen genommen.

In der Mannschaftsverfolgung kehrte der Meisterbecher aus dem Urnerland wieder nach Zürich zurück. Im Finale schlug das nur aus den drei Fahrern Marvulli, Dunkel und Weber gebildete Team des VC Hirslanden die gegnerische Formation von Erstfeld mit vier Sekunden Vorsprung. Profi Felice Puttini mit Schrittmacher Roberto Puttini gewannen bei den Stehern nach 1995 und 1997 seinen dritten Titel hinter schweren Motoren. Nachdem das Rennen kurzfristig von einer Stunde auf 50 km reduziert worden war, übernahm Puttini 58 Runden vor Schluss die Führung von Europameister Hanskurt Brand (Schrittmacher René Aebi).

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