Abgehängt
In der BMX-Szene herrschen momentan die gleichen Kräfteverhältnisse wie im Bike-Downhill: Die Europäer - allen voran die Franzosen - dominieren; die Schweizer kämpfen abgeschlagen um den Anschluss.
Die beiden Europacupläufe in Winterthur waren ein Abbild der generellen Leistungssituation in der BMX-Szene. Während die Franzosen, Engländer und Holländer das Geschehen dominieren, kämpfen die Schweizer in der Elite-Kategorie abgeschlagen um den Anschluss an die Spitze. Für den Status des BMX-Europacup eine gute Sache. Denn die gleichen Fahrer, die die Serie dominierten, standen bei den Elite auch an der WM im australischen Melbourne zuoberst auf dem Podest. Allen voran der Europacup-Gesamtsieger und Weltmeister Thomas Allier. Der Franzose
gewann nicht weniger als sieben der zehn EM-Läufe. Sein Teamkollege, Dylan Clayton aus Grossbritannien, wurde WM-Dritter und belegte in der Gesamtwertung des Europacup Rang zwei. Nur der Amerikaner Andy Contes vermochte als WM-Zweiter in die europäische Phalanx einzubrechen.
Anders bei den Junioren: Dort kämpfen mit Sven Nef, Roger Rinderknecht, Sascha Vetsch, Philip Wildhaber, Marc Widmer und Philipp Britschgi eine ganze Reihe junger Schweizer Nachwuchstalente erfolgreich um Plätze in den Top ten. Nef belegte an den Welttitelkämpfen sogar den siebten Rang, was als Erfolg bezeichnet werden kann. Denn im BMX werden verschiedene Vorläufe sowie Achtel-, Viertel- und Halbfinale nach dem Knock-out-Prinzip ausgetragen. Pro Lauf nehmen acht Fahrer teil. Das setzt höchste Konzentration voraus. Denn mit den harten Positionskämpfen und den vielen engen Steilwandkurven und Hügeln, die der rund 300 Meter lange BMX-Kurs in der Regel beinhaltet, ist schnell ein Fehler passiert, der einen aus dem Rennen und damit aus der Entscheidung wirf.
Die Situation erinnert an den Schweizer Bike-Abfahrtssport, wo ebenfalls immer wieder Junioren bei Titelkämpfen reüssieren können, dann aber nicht mehr aufs Podest kommen. Woran liegt's, dass die Schweizer in diesen Disziplinen bei den Elite den Anschluss an die Weltspitze verlieren?
Für Szilard Szurdok, einem Aktiven, der sich nebenbei in der BMX-Kommission des SRB um die politischen Belange der Fahrer kümmert, ist der Fall klar: «Es ist ein strukturelles Problem. Wir haben in der Schweiz wohl gute Teams, aber die Unterstützung durch den nationalen Verband könnte besser sein.» Szurdok nimmt die französische Erfolgsequipe Sunn als Beispiel, der Allier und Clayton angehören: «Zum grossen Budget, dass dieser Mannschaft an den Wettkämpfen eine Spitzenbetreuung mit Physiotherpeuten und Mechanikern ermöglicht, findet eine enge Zusammenarbeit mit dem französischen Nationaltrainer Michel Lalande statt. Deshalb sind die Fahrer dieses Teams so stark.» Bei den Holländern spielt sich mit den Topfahrern Robert De Wilde und Pieter Does dasselbe ab.
Ein ähnliches Erfolgsrezept wenden die Franzosen übrigens auch im Bike-Downhill an, wo ebenfalls eine enge Zusammenarbeit zwischen Sunn und den Verantwortlichen des nationalen Verbandes stattfindet. Der sechste WM-Titel für Nicolas Vouilloz und der fünfte für Teamkollegin Anne-Caroline Chausson - in Folge, versteht sich - können dies eindrücklicher kaum zeigen.
Das ist jedoch nicht der einzige Grund. Szurdok stellt fest, dass das Leistungsniveau in den letzten Jahren auch im BMX-Sport drastisch gestiegen ist: «Mittlerweile können weltweit etwa 40 bis 50 Fahrer gut bis sehr gut vom Sport leben. Das führt zu einem harten Konkurrenzkampf.» Die Schweizer stehen dabei im Abseits. Denn bei uns gilt es zuerst Lehre und Rekrutenschule abzuschliessen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Elite den Anschluss verlieren. Denn bei den Frauen ist das Problem weit weniger akut.
Martin Platter