Sprinter gesucht
Genau vier Sprinter können hierzulande bei internationalen Wettkämpfen eingesetzt werden. Zuwenig, findet der neue Bahntrainer Roy Salveter und will wieder vemehrt Nachwuchs-Sprinter fördern.
Der Sprint ist beileibe keine helvetische Spezialität – weder auf der Strasse noch auf der Bahn. Urs Freuler gehörte zu den letzten Schweizer Raketen, die Etappen am Giro d'Italia im Massenspurt entscheiden konnten, doch der Glarner ist mittlerweilen Leiter der offenen Rennbahn in Zürich-Oerlikon. Auch auf der Bahn sind die Sprinter-Talente rar gesät: über Jahre hinaus war der Urner Roger Furrer der einzige helvetische Sprinter von internationalem Format – auch wenn es ihm nie zu einer vorderen Plazierung gereicht hatte bei international wichtigen Titelkämpfen. Nun tritt der Routinier ab. Furrer möchte sich künftig auf Américaines spezialisieren und schliesst eine Teilnahme an Sechstagerennen im kommenden Winter nicht aus.
Somit verbleiben gerade noch drei Sprintspezialisten auf der Bahn: Patrik Merk, Claudio Treig und Fabian Keiser – allesamt jung und mit Steigerungspotential. Das liegt eigentlich weniger daran, dass das Interesse an der Sprintdisziplin nicht vorhanden wäre. Das Problem liegt vielmehr in einer altbekannten Erkenntnis. Die Entwicklung in den letzten Jahren verschlafen worden, sagt Roy Salveter, neuer Bahntrainer über die Kurzdistanz und Nachfolger von Robert Dill-Bundi. Zusammen mit Sepp Helbling, dem früheren Betreuer von Urs Freuler, will er nun das versuchen, was seine Vorgänger – vordergründig – jeweils auch zu erreichen suchten. "Ich möchte die Spitze verbessern und die Basis verbreitern", erklärt Salveter, 1991 selbst Schweizermeister im Sprint und seit 1993 der persönliche Betreuer von Patrik Merk. Das heisst, die Hauptfehler zu eliminieren, welche die Spitzenfahrer in den letzten Jahren begangen hatten. Oft sei zuviel trainiert, aber zuwenig Pausen eingeschaltet worden.
Drum schwebt Salveter nun ein Training "à la française" vor – also so wie die Franzosen trainieren. Das bedeutet: trainiert werden Kraft, Schnelligkeit und Schnelligkeitsausdauer – längere Ausfahrten auf der Strasse finden in diesem Programm (fast) keinen Platz mehr. Insbesondere im Krafttraining will Salveter die Sessions optimieren und arbeitet deshalb mit Jean-Pierre Egger zusammen. Gemäss Salveter ist Egger, der Ex-Trainer von Kugelstösser Werner Günthör einer der besten nationalen Experten auf diesem Gebiet. Ob sich mit dieser Änderung auch eine Leistungssteigerung ergibt, wird sich hoffentlich schon in diesem Sommer zeigen. Trainingsoptimierung bei den Spitzenathleten ist das eine, das Suchen von interessierten Nachwuchsleuten das andere. Also will Salveter vor allem die Teilnehmer am national ausgeschriebenen Kilometertest vermehrt animiert, nach dem Test weiterhin Bahnrennen zu bestreiten. Wieso denn ab und zu nicht auch als Sprinter?
Doch momentan muss sich Salveter, der studierte Biologe, der heute aber ein Beschäftigungsprogramm für arbeitslose Akademiker an der ETH leitet, mit dem Status quo zufriedengeben. "Zurzeit", so meint er, "sehe ich ein gewisses Potential, um im Olympischen Sprint gut abzuschneiden." Gut abschneiden heisst, im kommenden Jahr unter die ersten acht Nationen zu kommen. Denn nur so wäre man gemäss den Richtlinien des Schweizerischen Olympischen Verbandes (SOV) förderungswürdig.
Pascal Meisser