VELOSZENE SCHWEIZ 04/98

Ruf nach Freiheit

Die Fachkommission Mountainbike im Schweizer Veloverband SRB ist dabei sich neu zu strukturieren. Nach den Protestaktionen an der Bike-WM 1997 in der Schweiz sind beim dritten Anlauf Taten gefordert.

Während die eidgenössischen Mountainbikerinnen und Mountainbiker seit der offiziellen Anerkennung der Sportart 1990 von Erfolg zu Erfolg fahren, tut man sich im Schweizerischen Radfahrerbund (SRB) eher schwer mit der Akzeptanz der «neuen» Offroad-Disziplin. Zuerst als reinen Trend abgetan, anerkannten die gesetzten SRB-Funktionäre nur widerwillig die amerikanische Offroadsportart, die in einschlägigen Kreisen gerne mit Individualität und Freiheit assoziiert wird und damit im krassen Widerspruch zum disziplinierten und bis zur Sockenfarbe durchreglementierten Strassenradsport steht.

Die hiesigen Biker, ursprünglich in der unabhängigen Fédération Suisse Mountain Bike (FSMB) zusammengefasst, wurden nach den ersten offiziellen Titelkämpfen 1990 von heutigen Velo-Weltverband (UCI) jedoch gezwungen, mit dem SRB kollaborieren. Die UCI machte klar, dass sie nur gewillt war, mit einem Verband pro Land zusammenzuarbeiten. Bei einem Alleingang wären die Leute der FSMB jedesmal auf die Hilfe des SRB angewiesen gewesen, wenn es darum gegangen wäre, Fahrer zu internationalen Titelkämpfen und Weltcuprennen anzumelden.

Das passte den Exponenten des SFMB nicht und lösten die Fédération auf. Der Mountainbike-Leistungssport wurde wie die anderen Radsportdiziplinen ins damalige Nationalkomitee des SRB integriert.

Der Ruf nach Freiheit hat die Zeit überdauert: Nachdem sich die Fachkommission Mountainbike (FK MTB) in der Ära Notter neu konstituiert hatte, steht jetzt das gleiche Vorhaben unter der Ägide von Verbandspräsident Hugo Steinegger auf der Traktandenliste. Vor allem die Amtseinsetzung von Kurt Bürgi als Technischer Leiter des SRB hatte im Vorfeld für heisse Köpfe unter den Mitgliedern der FK MTB gesorgt. Bürgi hat den Ruf, kein Fan des Bikesports zu sein, was er jedoch stets dementierte. Seine Charge verschaffte dem undiplomatischen Hardliner jedoch das Oberkommando über sämtliche Radsportabteilungen — auch das der Biker. Die latente Polemik im SRB, dass die Biker, gemessen an den in den Verband eingebrachten Mitgliedern und dem Stellenwert des Sportart (Olympiastatus) im Vergleich zu anderen Radsportarten personell und finanziell benachteiligt werden, verstärkte sich.

Die Protestaktionen der FK MTB gipfelten an der Bike-WM im vergangenen September in Château d'Œx: Vor versammelter Presse liessen die Bike-Verantwortlichen ihrem Unmut über die Situation im SRB freien Lauf. Sie bekräftigten ihre Forderungen nach mehr Autonomie mit Kündigungsandrohungen.

Das repressive Klima blieb nicht ohne Folgen: Laut einem offiziellen Pressecommuniqué hat sich nun «die Geschäftsleitung des SRB unter der Leitung von Hugo Steinegger und der Fachkommission Mountainbike (FK MTB) auf eine Umstrukturierung im Fachbereich MTB geeinigt. Die FK MTB soll den ganzen Fachbereich MTB künftig selbständiger betreuen.» Die FK MTB erhoffe sich davon einen grösseren Handlungsspielraum, eine Stärkung des Bikesports und eine Zunahme der Verbandsmitglieder. An der Zusammensetzung der Kommission ändert sich wenig: Unter dem Präsidium von Rolf Meyer fungieren weiterhin Alexandre Houlmann, Bruno Diethelm und Andi Vetsch; neu dazugekommen ist einzig Alex Suter. Die beiden

Nationaltrainer Philippe Perakis (Downhill/Dual Slalom) und Andi Seeli (Cross Country) stehen der FK beratend zur Seite, Beda Wildhaber bleibt Bike-Koordinator.

Einen Haken hat die Geschichte jedoch: Der SRB-Vorstand wird das ausgearbeitete Konzept noch genehmigen müssen. Laut Beda Wildhaber nur noch eine Formsache, denn: «Sonst folgen Kündigungen».

Anderer Meinung ist Kurt Bürgi. Er war ziemlich erstaunt über der frühe Gang in die Öffentlichkeit und das ultimative Vorgehen der Bike-Kommission. Zumal er an der betreffenden Sitzung mit der Geschäftsleitung und der FK MTB nicht anwesend war. «Eine Absplitterung der FK MTB ergibt überhaupt keinen Sinn", sagt der Hägendorfer, denn: "Käme es zu einer Separierung der Biker innerhalb des SRB, würden die Zuschüsse des Schweizerischen Olympischen Verbandes (SOV) gestrichen. Das hat mit dem Subventionsprozedere des SOV zu tun: «Die Abteilung 'Leistungssport' ist bei sämtlichen 62 dem SOV angeschlossenen Sportverbänden gleich organisiert. Ansprechpartner ist stets der technische Leiter oder Chef der technischen Kommission. Denn der SOV toleriert keine alternativen Organisationsstrukturen und Ansprechpartner.» Und nur die Zuschüsse für die Biker zu holen, nicht aber in der Planung mitreden zu dürfen, kommt für Bürgi nicht in Frage.

Auch das Argument der FK MTB-Mitglieder, dass der Bikesport innerhalb des SRB nicht gleichberechtigt sei, lässt Bürgi nicht gelten: «Wir müssen uns zuerst darüber im klaren werden, ob wir im Bike-Bereich Fun- oder Leitungssport wollen. Wenn wir nicht innert nützlicher Frist die nötigen Schritte einleiten, verlieren wir nämlich den Anschluss an die Weltspitze.» Auch hier müssen deshalb – wie beim Strassen- und Quersport – Synergien gesucht werden – zum Beispiel mit dem Miteinbezug von Spitzenfahrer in der Strassen-Nationalmannschaft. Dem Leistungssport stehe im SRB, so Bürgi, genügend Geld zur Verfügung, um eine sinnvolle Förderungspolitik zu betreiben.

In diesem Punkt sind die Mitglieder der FK MTB jedoch höchst sensibel und lassen sich nicht gerne dreinreden. «Solange Kurt Bürgi als Verantwortlicher für Strasse und Quer die Budgets erstellt, werden wir uns immer benachteiligt fühlen», sagt CC-Nationaltrainer Andi Seeli.

Bürgi rechtfertigt diese Seitensprünge mit fehlenden Pflichtenheften und ungenügender Eigenverantwortung bei den Bike-Verantwortlichen: «In der Fachkommission gibt es keine ausgebildeten Trainer. Dennoch wollen sie alles im Alleingang machen und sich keine Tips geben lassen.»

Beide Parteien geben sich also unnachgiebig, wollen nicht von ihren Standpunkten abrücken. Für den Aussenstehenden bleibt einmal mehr ein schaler Nachgeschmack. Und das Wissen, dass innerhalb des SRB mit verhärteten Fronten gekämpft wird. Keine guten Voraussetzungen für eine optimale und gezielte Förderung des Bikesportes wenn als Basis das gegenseitige Vertrauen fehlt.

Martin Platter

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