VELOSZENE SCHWEIZ 04/98

Der Nachwuchs kommt

Bisher konnte die U23-Kategorie nur ansatzweise in der Schweiz Fuss fassen - in diesem Jahr aber erfolgt der Durchbruch der 19-22jährigen Fahrer. Die Einsicht, dass die Espoirs international immer wichtiger werden, hat sich mittlerweilen auch bei uns durchgesetzt.

Im benachbarten Ausland gestand man zumeist schon im letzten Jahr der U23-Kategorie einen erhöhten Stellenwert zu; 1998 erfolgt nach einem zweijährigen Anlauf der Durchbruch auch in der Schweiz. Bisher wiegten leichte Zweifel und Abwarten vor, jetzt haben Einsicht und die Erfahrungen den Ausschlag zum Umschwung gegeben. Die Veranstalter bieten den 18- bis 22jährigen vermehrt Startmöglichkeiten, die Sportgruppen engagieren über 23jährige Athleten nur noch als Routiniers, das Herz bilden jedoch die Nachwuchsfahrer. Dieser Trend schlägt sich auch in der nationalen ARiF-Meisterschaft nieder. Erstmals wird eine Wertung für U23-Fahrer ausgeschrieben – und damit dem Beispiel Deutschlands gefolgt. Dort bestritten die unter 23jährigen bereits 1997 innerhalb der Bundesliga eine separate Meisterschaft.

Und die Eidgenossen geben Vollgas. Vor einem Jahr waren beim SRB noch neun Sportgruppen gemeldet, 1998 haben gleich 19 Teams um eine Lizenz nachgesucht. Eindrückliche Konsequenz: Die Zahl der unter Vertrag stehenden Fahrer hat sich binnen einem Jahr von 88 auf 172 – beinah eine Verdoppelung also. Selbst 1996 waren bloss 106 Fahrer gezählt worden. Und wer U23-Fahrer ist, ist meist auch als Elite-Fahrer lizenziert. Das bietet den Vorteil, zwischen der Teilnahme an Elite- und U23-Rennen entscheiden zu können.

Der Grund für diese explosionsartige Entwicklung: Elite-U23-Teams lassen sich sehr kostengünstig führen. Ihr Budget beträgt also einen Bruchteil des Etat der früheren Elite-Sportgruppen. Statt 200'000 Franken genügen heute zwischen 30'000 und 50'000 Franken. Denn neuerdings erhalten die Fahrer nicht mehr die Ausrüstung kostenlos, sondern müssen sich finanziell beteiligen. Sportliche Leiter wie Aldo Schaller (Schaller), Walter Schnyder (KIA-Villiger) und Hansueli Laich (Unifil-Mobiliar) haben diesen Weg in den letzten beiden Jahren vorgepfadet. Besonders ist, dass das der Rückzug vom welschen Team Wheeler-Dotti gleich durch zwei welsche Equipes aus der Romandie kompensiert worden ist. Eine Mannschaft ist aus dem Tessin gemeldet worden, alle übrigen sind in der deutschen Schweiz beheimatet.

Zu den stärksten Teams in dieser Saison werden wiederum die Dominatoren von 1997 gehören: das U23-Team von Ericsson-Villiger mit Marcel Strauss, Team Romer's Hausbäckerei (Nachfolgeteam von Fixträger) mit Roland Schätti und die Schaller-Formation, die den erst 19jährigen Stefan Rütimann als Leader in ihren Reihen wissen. Wesentlich stärker als letztes Jahr ist das Team von Wetzikon – neu mit Saeco als Hauptsponsor. Geblieben sind die beiden Eckpfeiler Marcel Gemperle und Jan Ramsauer, neu hinzugekommen Alex Aeschbach und Roman Peter, der Quer-Juniorenweltmeister von 1996. Für alle anderen Teams wird es in erster Linie darum gehen, ihre Position im rasant angewachsenen Peloton zu finden.

Nationaltrainer Kurt Bürgi überrascht diese Entwicklung nicht. "Bereits letztes Jahr waren die Felder an U23-Rennen angewachsen", so der Solothurner. Und bereits denkt er einen Schritt weiter: "Wir müssen diesen Trend weiterziehen, um so international wieder den Anschluss zu schaffen." In zwei bis drei Jahren, so hofft er, könnte es soweit sein. Denn dereinst möchte Bürgi wieder eine Selektion an die Tour de l'Avenir, das französische Sprungbrettrennen für Nachwuchsfahrer par excellence, schicken.

Doch vorerst hält er an seiner bevorzugten Mischung aus U23- und Elitefahrer bei seinen Nationalmannschaftseinsätzen fest – mit einer wesentlichen Änderung. Neu will Bürgi vermehrt potentielle Medaillenanwärter aus anderen Sparten an Rundfahrten mitnehmen: Dieter Runkel (Quer), Thomas Frischknecht und Beat Wabel (Bike) sowie Bruno Risi und Kurt Betschart (Bahn). So haben sie die Möglichkeit, wenigstens phasenweise sich ähnlich auf die grossen Events vorzubereiten wie ihre Konkurrenten, die oftmals in Profiteams engagiert sind. Gleichzeitig will Bürgi erstmals U23-Fahrer an Etappenrennen der Kategorie 2.5 (Rheinland-Pfalz- und Österreich-Rundfahrt) starten lassen. Ein geschickter Schachzug von Bürgi: auf diese Weise macht er es vielen Parteien recht, entzieht aber der Kritik von 1997, er berücksichtige die jungen Fahrer zuwenig, jegliche Grundlage.

Pascal Meisser

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