VELOSZENE SCHWEIZ 04/98

Idealisten

Das Team Ericsson-Villiger begann die Rennsaison 1998 auf Mallorca die Rennsaison 1998. VELO stattete dem neuen schweizerischen Profi-Team einen Besuch ab.

Die Szenerie vor dem Hotel «Sol Elite» in Magaluf, rund 15 Kilometer westlich von Palma de Mallorca, hatte Symbolcharakter: Auf der einen Seite, einsam und verwaist, der Mannschaftspersonenwagen von Ericsson-Villiger. Auf der anderen Seite zwei hochmoderne Reisecars, sechs Mannschaftsautos und zwei Grossraumlimousinen in Gelb/Grau mit riesigen Once-Schriftzügen.

Ähnlich unterschiedlich präsentieren sich auch die finanziellen Möglichkeiten der beiden Teams: Während die spanische Blindenlotterie «Once» pro Jahr etwa zehn Millionen Schweizer Franken in ihre Erstdivisionsmannschaft investiert, muss Ericsson-Villiger mit einem rund 15 Mal kleineren Budget auskommen — für eine Mannschaft, die immerhin zwölf Berufsfahrer und sechs Espoirs unterhält. Dennoch hat sich Teammanager Ignaz Keller zu diesem Schritt entschieden. Wie Jean-Jacques Loup vor drei Jahren mit dem Post Swiss Team hat auch Keller im vergangenen Jahr mit seinen Fahrern die wichtigste nationale Strassenrennserie ARiF (Am Radsport interessierte Firmen) dominiert. Diese Erfolge liessen die Sponsoren vom Abenteuer «Profiradsportgruppe» überzeugen.

Als Zweitdivisionsmannschaft werden es die «Ericssons» allerdings nicht leicht haben – nicht nur wegen der bescheideneren Infrastruktur und ärztlichen Betreuung. Statt Saläre zwischen 100'000 und 1 Million Franken erwarten die Fahrer monatliche Zahlungen von gegen 1500 Franken begnügen. Dazu kommt die mangelnde Erfahrung der beiden Sportlichen Leiter Roland Gloor und Olivier Senn , beides ehemalige Rennfahrer. Im Gegenzug profitierte das Post Swiss Team seit Beginn von der vorgängigen Profi-Vergangenheit ihres Sportlichen Leiters Jacques Michaud, der früher bei der RMO-Equipe mit Charly Mottet tätig gewesen war. Einziger Mann mit Profi-Erfahrung bei Ericsson ist hingegen Jacques Jolidon – ein Zuzug in letzter Minute, der sich im Laufe der Saison als sehr wichtig erweisen wird.

Die grösste Stärke der Ericsson-Jungs ist ihr Idealismus. Da verwundert's nicht, dass sich alle Beteiligten in der Zielsetzung für 1998 zurückhaltend geben. Bereits die Mallorca-Rundfahrt — für die meisten Berufsfahrer bloss ein Vorbereitungsrennen — hat den drastischen Leistungsunterschied aufgezeigt. Während Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich mit gegen zehn Kilo Übergewicht an den Steigungen scheinbar mühelos das schnelle Tempo mithielt, «schwemmte» es einen Ericsson-Fahrer um den anderen aus dem Hauptfeld.

Die Ericssons wollen sich im ersten Jahr als Berufsfahrer denn auch zur Hauptsache auf die Rennen in der Schweiz und dem benachbarten Ausland konzentrieren.Der ehemalige Assistenztrainer des Ex-Nationaltrainers Heinz Siegenthaler möchte mit seinen Schützlingen erstmals an der Tour de Romandie eine gute Leistung zeigen. Zuerst soll jedoch das Profimetier erlern werden: «Die Fahrer müssen lernen, sich zu Gunsten der Mannschaft unterzuordnen.»

Die Fahrer haben unterschiedliche Ambitionen. Für Fahrer wie Simon Steiner (28) geht am Ende ihrer Karriere ein Jugendtraum in Erfüllung, andere wie Michael Themann sehen in dieser Mannschaft die letzte Chance zum hoffentlich grossen Sprung. Voraussetzung dafür sind gute Resultate an wichtigen Rennen – doch oft reicht selbst das nicht aus. "In meinem Alter muss ich doppelt so gut fahren wie ein 22jähriger Fahrer mit gleichen Zielen", denkt der 28jährige.

Ähnlich lauten die Ziele von Roland Müller (24), der zu den jüngsten Fahrern im Team zahlt: «Ich möchte an einem grossen Rennen aufzufallen." Da denkt er an den Tour-de-Suisse-Etappensieg 1997 von Niki Aebersold. Müller will in erster Linie lernen. Er hofft, dass die Mannschaft in der laufenden Saison reichlich UCI-Punkte sammeln kann. Denn nur die Zähler der Union Cycliste ermöglichen - nebst Beziehungen und Bekanntschaften - den unerfahrenen Radsportlern den Zugang zu den gutdotierten Wettkämpfen.

Martin Platter

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