Der Konditor und die Frauen
Obwohl es genügend Lizenzfahrerinnen gibt, leiden die Frauenrennen oft unter geringer Beteiligung. Mit dem Frauencup will der
Berner Ernst Kobel diesen Missstand beheben.
Eigentlich, so könnte man meinen, ist es um die schweizerischen
Rennfahrerinnen alles andere als schlecht bestellt. Die Erfolge der
letzten drei Jahre scheinen zu überzeugen: 1995 der
Juniorinnen-Weltmeistertitel für Andrea Hänni, 1996 die
Regenbogenkrönung für Barbara Heeb und letztes Jahr die
WM-Silbermedaille für die Juniorin Nicole Brändli. Das ist bloss die
eine Seite der Realität. Sagt zumindest Bäcker Ernst Kobel aus dem
Emmental. "Von fünfzig lizenzierten Nachwuchsfahrerinnen fahren bloss 30
regelmässig Rennen." Er, der Vorsteher der Interessensgemeinschaft
Radsport Emmental, will deshalb dieses Jahr zum ersten Mal einen
Damen-Cup organisieren. Aus fünf Rennen soll diese Serie bestehen, und
wer vier davon zu Ende fährt, darf Ende Saison einen kleinen Scheck
abholen - als Belohnung.
"Wir wollen", sagt Kobel, "den Fahrerinnen
wenigstens ein kleines Entgelt für ihre grossen Entbehrungen abgeben
können." Kobel denkt da vor allem an jene Athletinnen, die beim Wechsel
von der Nachwuchs- in die Elitekategorie heillos überfordert sind und
sich kaum jemals in den preisberechtigten Rängen klassieren. Vorgesehen
waren die Rennen in Pfaffnau, Bowil, Cham-Hagendorn, die
Schweizermeisterschaft in ??? und das Kriterium in Diessenhofen, doch
letzteres fiel kurzfristig aus der Wertung. Interne Zwistigkeiten haben
im Thurgau dazu geführt, dass die lokalen Organisatoren die Zusage ihrer
Vorgänger wieder zurückgezogen haben. Für Kobel jedoch kein Problem:
"Dann führen wir den Damen-Cup eben ausschliesslich mit Strassenrennen
durch." Optimismus pur herrscht bei Kobel. Das verwundert eigentlich
sehr, denn die Finanzierung des ehrgeizigen Projekts dürfte vorderhand
noch die grösste Schwierigkeit sein.
Eine einfache Rechnung: Minimal 50
Fahrerinnen kommen in die Wertung, die
eine Prämie zwischen 50 und 100 Franken erhalten. Macht knapp 4000
Franken. Jeder Veranstalter beteiligt sich mit 800 Franken - eine
verhältnismässig hohe Summe, die mit bloss vier Veranstaltern erst noch
nicht ausreicht. Kobel hofft auf einen Sponsor, doch die
Frauenzeitschrift "Glückspost" hat vorläufig abgesagt. Kein Wunder,
nicht einmal die nationale ARiF-Meisterschaft kann sich ihr Schaffen von
einem Mäzen finanzieren lassen. Und dennoch will Kobel sein Vorhaben auf
"zwei bis drei Jahre" hinausplanen. Ob er bei seinem durchaus
ehrgeizigen Projekt reüssiert, wird man mit
höchster Wahrscheinlichkeit schon im Verlaufe dieses Jahres sehen können
Pascal Meisser