Grosse Pläne
Mehr Show und Spektakel am Sechstagerennen - so sehen die Pläne der neuen Hallenstadion-Direktion für den nächsten Winter aus. Gleichzeitig soll auch die gesamte Führung ausgewechselt werden: Urs Freuler wird anstelle von Patrik Sercu Sportlicher Leiter der Sixdays.
Jahrelang wurden die Traditionen am Zürcher Sechstagerennen hochgehalten, nun soll aus diesem Grossanlass ein moderner Sportevent werden - mit entsprechenden Konsequenzen. "Uns schwebt eine Person mit einem grossen Namen als Gesamtverantwortlichen vor", sagte Gérard Jenni; einen Namen liess er sich nicht entlocken.
Vergeblich, die Informationen sind längst durch die löchrige Stillschweigevereinbarung unter den Beteiligten durchgesickert. Urs Freuler und Ueli Gerber heisst das Duo, das künftig als Leiter der Sixdays fungieren soll. Insbesondere Freulers Aufgabe ist es, der Veranstaltung wieder jenen Charakter zu verleihen, die dem Sechstagerennen seit der Sepp-Voegeli-Ära in den 70er und 80er Jahren abhanden gekommen war.
Einzig die offizielle Bestätigung steht noch aus. Zwar war eine Pressekonferenz vorgesehen gewesen. Diese wurde aber eiligst wieder abberufen, nachdem die ersten Indiskretionen bereits nach aussen getragen worden waren. Selbst die amtierende Direktorin Ursula Döringer erfuhr erst aus der Zeitung, dass ihre Mitarbeit in der bisherigen Form nicht mehr unbedingt erwünscht ist. "Ein unverständliches Vorgehen", meinte Döringer erbost, ist aber darüber nicht verwundert. Seit dem Amtsantritt der neuen Direktion läuft die interne Kommunikation mehr schlecht als recht.
"Jenni und Béchir sitzen dauernd in ihren Büros in Glattbrugg", klagt Döringer, "auf diese Weise laufen viele Informationen an mir vorbei." Und angesichts dieser Umstände bietet Döringer ihren Rücktritt gleich selber an: "Wenn ich nicht mehr erwünscht bin, muss man mich nicht bitten, dann gehe ich nämlich von alleine. Nach 27jähriger Mitarbeit beim Sechstagerennen lasse ich mich bestimmt nicht als Pingpongball in der Chefetage missbrauchen." Das Problem liegt vor allem darin, dass man gar nicht so genau weiss, was Döringer vorgeworfen werden soll. "Ich kann einen guten Rechnungsabschluss vorweisen", sagt Döringer, die momentan wegen eines komplizierten Beinbruchs monatelang von der Arbeit fernbleiben muss, von sich. Jenni bestätigt: "An ihrer Arbeit während dem Sechstagerennen gibt es gar nichts auszusetzen."
Defizite ortet Jenni indes in der monatelangen Vorbereitung, die er als mangelhaft beurteilt. "Der Anlass ist nicht mehr zeitgemäss", erkannte Jenni nach der vergangenen Austragung, übrigens der ersten, die er akribisch genau mitverfolgt hatte, "wieso soll man die Rennfahrer überhaupt noch bis um 5 Uhr morgens herumkreisen lassen?" Er hat eben ganz andere Pläne in der Tasche.
"Wir müssen vermehrt Showblöcke in das Sechstagerennen einbinden", glaubt Jenni und er denkt dabei an die vorbildlich organisierten Sixdays in den Grossstädten Deutschlands. Dazu kommen eigene Ideen. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass Béchir die Kontakte seiner Konzertagentur "Good News" spielen lässt. Internationale Musikgrössen mit kleinen Einlagen während dem Sechstagerennen - so liessen sich bestimmt zusätzliche Zuschauer nach Oerlikon locken. Auch im Werbebereich sind Innovationen geplant: Anstelle der mit Werbeflächen bemalten Bahn erscheinen die gebuchten Inserate künftig auf einer Videoleinwand. Schöne Worte und Aussichten, doch entscheidend wird das Votum der Sponsoren sein. Einige zeigten sich bereits nach dem Fragen hinterlassenden Abgang von Ex-Direktor Werner Benz irritiert - ähnliches wird sich wiederholen, wenn nur gerade ein Jahr später seine Nachfolgerin aus nicht offenkundigen Gründen ihren Posten verlassen müsste.
Pascal Meisser